Stefan Bircheneders Arbeiten reihen sich in die kunsthistorische Tradition des Industriegemäldes ein. „Auf Grundlage der traditionellen Sujets mit Landschafts- und Interieurdarstellungen kristallisiert sich das Industriegemälde im 19. Jahrhundert als eigener Gemäldetypus heraus, dessen Bilder als Reflex auf die Veränderung von Umwelt und Gesellschaftsgefüge in Folge der Industrialisierung gelten können“.
Obwohl seine Werke in der Komposition präzise gearbeitet sind, verweigert sich der Künstler dem Begriff des Fotorealismus.Der Fotorealismus zelebriert die Perfektion, während Bircheneders Werke uns daran erinnern, dass nichts von Menschenhand Geschaffene unbeschadet für immer währt und diese Demut die Motive mit einer weiteren Bedeutungsebene auflädt. „Ich selber bin auf der Suche nach dem Genius Loci, also dem Geist und der Aura des Ortes. All die Geschichten und Schicksale oder die Arbeiter selber sind zwar nicht zu sehen, laden diesen Ort aber auf. Bei der Umsetzung in die Malerei geht es folglich nicht nur um die technisch richtige Darstellung, sondern um die Transferierung dieses Geistes für den Betrachter“.
Bircheneders Motive zeigen Produktionsstätten, die sich durch Automatisierung und Modernisierung verändert haben, filtert diese Impression allerdings durch seinen malerischen Pinselstrich. Seine Malerei spürt der Seele der Gebäude nach, wollen wissen, welche Umstände dazu beitrugen, dass aus einer belebten Arbeitsstätte eine trostlose Ruine wurde.
Die Werke von Stefan Bircheneder zeigen uns, was von den Fortschrittsgebäuden übriggeblieben ist, wenn sie vom progressiveren Wandel der Zeit eingeholt werden. Es sind stille unaufgeregte Blicke in verfallene Produktionsstätten, Lagerräume, alte Industrieorte, die wie aus der Zeit gefallen scheinen. Seine Arbeiten sind aber nicht bloße Dokumentationen eines Verfallszustandes, sondern gehen tiefer. Sie erzählen von einem Umbruch am Ende des 20. Jahrhunderts, der durch die Stahlkrise eingeleitet und mit der Technologisierung verfestigt wurde. In Bircheneders Ästhetik des Postindustriellen Wandels finden sich interessante Parallelen zur deutschen Romantik, insbesondere zu Werken von Caspar David Friedrich. Dieser malte immer wieder Kirchenruinen, während Bircheneder sich auf Fabrikruinen konzentriert, beide teilen aber, dass sie ihre Stimmungslandschaften fast schon mystisch aufladen und durch die Orte Rückschlüsse zu Menschen ziehen.
(gekürzter Text von Anabel Roque Rodriguez)
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